Die Kreuzgemeinde (Krusta draudze) Liepaja und die Leute von der Diakonie

Abschied von Mārtiņš Urdze

Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein! (Jes.43,1)

Das Problem unserer heutigen Gesellschaft ist, dass es keine Vorbilder mehr gibt, denen man ähnlich sein möchte. Mit der Zeit kommt immer auch etwas Unschönes zutage: Eigennutz, Maßlosigkeit, Falschheit, Neid, Scheinheiligkeit, Machtgier …

Mit Dir, Martin, war es anders. Je mehr man Dich kennen lernte, desto mehr traten Deine Einfachheit, Herzlichkeit, Ruhe, Demut und Bescheidenheit hervor.

Du hast Dir Zeit genommen, stehen zu bleiben und Dich den Menschen zuzuwenden, an denen andere lieber schnell vorbeigehen. Du hast diejenigen wahrgenommen, die es schwer haben und leiden. Du hattest den Mut, die Wahrheit zu sagen und gegen Ungerechtigkeit und Unaufrichtigkeit aufzubegehren. Dazu hast Du auch andere ermutigt. Dir waren Hierarchien und Äußerlichkeiten unwichtig. Du hast versucht Hindernisse zu denjenigen zu überwinden, die Macht haben, um den einfachen Leuten Gehör zu verschaffen und der Menschlichkeit Raum zu geben. Wichtig war, den Kleinen Menschen zu sehen und im Alltag das Gute zu suchen.

Oftmals würdigen wir die Menschen, die aus unserer Mitte kommen, nicht. Darum ist es eine besondere Freude und Überraschung, in diesen Tagen all die guten Worte von unseren SEMPRE Accelerators Projektpartnern zu erhalten:

„Wir sind alle sehr froh, dass wir die Möglichkeit hatten, Martin kennenzulernen, den nettesten Menschen, den ihr überhaupt auf diesem Planeten findet könnt. In unserer kleinen Welt der europäischen Projekte und EU-Finanzierungen habe ich selten jemanden getroffen, den Geld so wenig interessierte. Es ging ihm immer darum,Veränderungen zu bewirken im Leben der Menschen. Wir sind sehr traurig, dass er uns verlassen hat und wir können nur erahnen, was dieser Verlust für all die Menschen in Liepaja bedeutet, die tagtäglich mit ihm zusammengearbeitet haben.“

So sehr wirst Du, Deine Persönlichkeit und Deine Arbeit von Menschen in Deutschland, Dänemark, Litauen, Estland, Russland und Tschechien gewürdigt! Das Empowerment-Handbuch, was in internationaler Zusammenarbeit gerade fertiggestellt worden ist und an dem Du so viel mitgearbeitet hast, wird Dir gewidmet sein.

Durch die vielen Briefe und Telefonate, die in diesen Tagen kommen, erfahren wir immer wieder Besonderes über Dich:

„…Als ich erfuhr, dass auch der Pfarrer mitfahren würde, war ich wenig erfreut, denn ich dachte, dass wir uns den ganzen Weg was über Gott würden anhören müssen! …Er hat mir nicht seine Meinung über Religion und Gott aufgedrückt! Er band mich einfach aktiv in die Arbeit ein und ließ mich selbst zum Glauben finden!“

„Er gehörte nicht zu den „typischen Pfarrern“, die postulieren, was und wie es richtig zu sein hat. Er hat immer dazu geraten, in sich selbst hineinzuhören und auf Christus zu vertrauen. Genauso wird er mir in Erinnerung bleiben – als jemand, der über andere steht, weil er selbst sich nicht über andere erheben wollte.Er tat es durch seine Güte und Herzlichkeit! … Er hat so viele Kämpfe ausgefochten, weil er sich nicht wie ein Fähnchen im Winde drehte, er stand für seine Kirche und seine Gemeinde. Nicht selten hatte er seine eigene Meinung, die sich von anderen Gemeinden unterschied. Das, was ich gespürt habe, war etwas, was ich bis dahin noch nie bei anderen Pfarrern erlebt hatte – er predigte immer Liebe, Geduld, Verständnis und Akzeptanz. Er benutzte Bibelstellen nicht, um Angst zu machen, sondern um die Menschen zu stärken mit den richtigen Worten. Das ist eine große Kunst.“

„Er ist mein einziger wahrer Freund; er hat mich so angenommen, wie ich bin.“

Auch in kurzen Momenten der Begegnung konntest Du etwas von Deinem Licht weitergeben.

Du hast nicht Urteile gefällt und an Kränkungen festgehalten. Stattdessen hast Du in Dir die Sorge um andere bewahrt. Unvergessen und unbeschreibbar waren die Gefühle, als wir sahen, wie ein an den Rollstuhl gefesselter Mann weinte, den Du zusammen mit zwei weiteren Männern aus dem 4.Stock seiner Wohnung getragen hast, damit er zum ersten Mal nach 4 Jahren aus seinen vier Wänden kommen konnte, um an einer Veranstaltung teilzunehmen und mit anderen zusammen zu sein zu können. Seine Augen und seine Tränen wird niemand von uns je vergessen. Wie blind und taub sind wir doch in unseren gemütlichen Höhlen gegenüber denen, die neben uns wohnen.

Du warst ein echter Mann Gottes. Danke für das, was Du uns gelehrt hast – nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern mit Deinem Beispiel. Danke, dass Du uns ermutigt hast, uns selbst und die Dinge um uns herum zu ändern.

Für kurze Zeit stellt Gott einen jeden von uns an seinen vorgesehen Platz auf dieser Erde. Was wir mit der geschenkten Zeit anfangen, mit was wir sie füllen, welche Entscheidungen wir treffen, das ist uns überlassen.

Man muss nach vorne gehen! -hast Du immer gesagt. Wir werden oft innehalten auf unserem weiteren Weg und uns fragen, wie Du wohl gehandelt hättest. Wärst Du froh, über das, was wir gerade tun?

Wir sagen Dir danke, Martin. Und wir nehmen Deinen Wunsch an uns aus dem Petrusbrief mit: Und auch ihr als lebendige Steine erbaut euch zum geistlichen Haus … (1. Petr. 2:5) Unsere Hoffnung und unsere Liebe mögen Dich auf Deinem Weg in die Ewigkeit begleiten! Wir müssen noch ein bisschen vor dem Tor tätig sein und Deine begonnene Arbeit fortsetzen. Dir aber sagen wir – auf Wiedersehen, lieber Martin!

So, until we meet again, goodbye dear Mārtiņš!

Die Kreuzgemeinde (Krusta draudze) Liepaja und die Leute von der Diakonie